Mittwoch, 13. November 2013

Rezension: Mord im Tiergarten von Tim Pieper


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Broschiert € 11,90


Kindle eBook € 9,49


Emons VerlagTim Pieper



Broschiert: 256 Seiten
Verlag: Emons (10. Oktober 2013)
ISBN-10: 3954511789
ISBN-13: 978-3954511785
ASIN: B00FORB7RY


Tim Piepers zweiter historischer Krimi rund um Dr. Otto Sanftleben entführt uns wieder ans Ende des 19. Jahrhunderts. Wie schon in Mord unter den Linden spielt er in Berlin und präsentiert eine Zeit, die wir zum Glück weit hinter uns gelassen haben.

Inhalt:

Sechs Jahre nach seinem letzten Einsatz als Berater der Polizei, kommt Dr. Otto Sanftleben erneut dazu, seine fundierten kriminalistischen Kenntnisse für die Gerechtigkeit einzusetzen. Ein jüdischer Unternehmer wird im Zoologischen Garten grausam ermordet. Es sieht nach einem Ritualmord aus, der seinen Ursprung im Antisemitismus, Rassismus und Nationalismus der Zeit zu haben scheint. Eine alte Freundin läuft ihm über den Weg, ein junger Herero-Prinz aus Deutsch-Südafrika gerät in Verdacht und Otto muss sich tief in die Gedankenwelt der Antisemiten hineinversetzen, um langsam hinten den Plan des Täters zu kommen. Der Sport kommt natürlich auch nicht zu kurz und diesmal darf Otto seine Segelkenntnisse auffrischen.

Cover:

Der Blick auf Siegessäule und Tiergarten passt natürlich perfekt zum Buchtitel.

Setting und Stil:

Tim Pieper schafft es hervorragend, die Zeit des endende 19. Jahrhunderts zum Leben zu erwecken. Berlin ist Dreh- und Angelpunkt der Welt, die Deutsche Colonialausstellung versucht Ecken der Welt zu zeigen, die ein Berliner kaum persönlich besuchen kann. Im Zoologischen Garten präsentiert man ebenfalls Lebewesen, die für die Städter kaum exotischer sein können. Antisemitismus nimmt stark zu, Nationalismus ist Trumpf und die Überlegenheit der deutschen Rasse wird auf die haarsträubendsten Arten bewiesen. Alle diese weniger schönen Dinge werden in diesem historischen Krimi angesprochen und regen dabei stark zum Nachdenken an. Eine Zeit, die dank unserer Konzentration auf den zweiten Weltkrieg manchmal vergessen wird. Es ist also umso schöner, dass Tim Pieper uns dorthin entführt und sie uns durch die Augen seines Protagonisten sehen lässt, bei dem zum Glück meistens die Ratio das Sagen hat.
Das Buch lebt neben dem Kriminalfall und den dazu passenden Ermittlungsmethoden von liebevoll beschriebenen Situationen, in die Dr. Otto Sanftleben hinein gerät. Es liest sich sehr flüssig und nur bei den dialektischen Ergüssen einiger Einheimischer kam ich doch etwas ins Straucheln. Aber so ist halt das normale Volk, während Commissarius Funke eher dem Französischen zugetan ist.

Charaktere:

Dr. Otto Sanfleben ist älter geworden, das Fahrradfahren hat er ziemlich an den Nagel gehängt und einen kleinen Bauch kann er kaum noch verbergen. Ansonsten ist er der Alte, setzt sich für seinen Ziehsohn Moses ein, wendet die neuesten kriminalistischen Erkenntnisse an, hat mehr oder minder Glück mit den Frauen und legt sich mit Odin und der Welt an. Es bringt Spaß ihm zu folgen und ihm zuzusehen, wie er einen Verdächtigen nach dem anderen auf den Zahn fühlt.
Liebevoll entwickelt ist auch Commissarius Funke, der perfekt den etwas anderen Polizisten mimt.
Ottos Widersacher beim Segeln und in antisemitischen Fragen ist schön widerlich, genau wie sein Freundeskreis. Gleichzeitig stellen diese Herrschaften eine sehr gute Herausforderung für Otto dar, die ihn wieder mal aufs Äußerste fordert.
Eine sehr gelungene Mischung, die perfekt in die Zeit passt.

Geschichte:

Mord, Rituale, Verdächtige en masse, Liebschaften, Alibis und noch viel mehr lassen  nicht nur Otto verwirrt zurück. Auch ich wusste bis zum Schluss nicht sicher, wer nun tatsächlich der Täter ist. Eine Kriminalgeschichte, wie sie also sein soll, zum Mitdenken und -rätseln, in der man zusätzlich einiges über unsere Geschichte vermittelt bekommt. Natürlich darf die private Seite nicht zu kurz kommen und auch dort gibt es für Otto passend zu seinem fortgeschrittenen Alter die eine oder andere überraschende Wendung.

Fazit:

Nachdem mir der erste Teil schon gefallen hat, wurde ich auch nicht vom zweiten enttäuscht. Ein informativer Ausflug in die Geschichte gepaart mit einem spannenden Kriminalfall, der einen kaum das Buch aus der Hand legen lässt. Für Fans historischer Krimis uneingeschränkt zu empfehlen. Alle anderen sollten auch zugreifen, denn das Ende des 19. Jahrhunderts ist eine spannende Zeit, in der die Weichen für spätere Ereignisse gestellt werden und die uns gleichzeitig nah und fern ist. Ein Leseerlebnis, dem durchaus weitere folgen dürfen.



Buchvorstellung:

Über den Autor:

Tim Pieper, geboren 1970 in Stade, studierte nach einer Weltreise Neuere und Ältere deutsche Literatur und Recht. Seit 1998 lebt er in seiner Wahlheimat Berlin und nutzt jede Gelegenheit, um die spannende und abwechslungsreiche Geschichte der Stadt zu erkunden. 2010 veröffentlichte er seinen farbenprächtigen Mittelalterroman "Der Minnesänger" im Heyne-Verlag. »Mord unter den Linden« ist sein erster historischer Krimi im Emons-Verlag. Tim Pieper ist Mitglied im Autorenkreis historischer Roman "Quo Vadis" und in der Autorengruppe deutschsprachiger Kriminalliteratur "Syndikat".

(Quelle: Amazon.de)

Kurzbeschreibung:

Berlin im Juni 1896. Als ein jüdischer Zeitungsunternehmer im Zoologischen Garten Opfer eines Ritualmordes wird, gerät Kriminologe Dr. Otto Sanftleben in einen Sumpf aus Antisemitismus, Rassismus und Nationalismus.
Seine Ermittlungen führen ihn in die Welt der Deutschen Colonialausstellung, wo er auf einen jungen Herero-Prinzen aus Deutsch-Südwestafrika trifft. Welchen Plan verfolgt der wahnsinnige Mörder, und wer wird sein nächstes Opfer sein?

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