Mittwoch, 23. Oktober 2013

Lesung: Martin Walker - Femme Fatale


Thalia veranstaltete vom 18.-20. Oktober in Oldenburg und Münster das Literatur-Festival Erzählt!. Da sich der Samstag für einen schönen Ausflug nach Oldenburg anbot, versuchten wir ursprünglich für die Veranstaltung von Cordula Stratmann Karten zu erhalten. Dann erfuhren wir jedoch, dass sie leider krankheitsbedingt absagen musste. Kurzentschlossen entscheiden wir uns für die Abendveranstaltung mit Martin Walker, ohne wirklich zu wissen, was uns erwartete. Wie sich herausstellte, war dies eine sehr gute Wahl und Martin Walker hat es geschafft, zwei neue Fans für sich zu gewinnen.

Da Oldenburg ja nicht nur wegen Literaturlesungen eine Reise wert ist, machten wir uns schon mittags auf den Weg, um uns zuerst die Marc Chagall Ausstellung im Horst Janssen Museum anzusehen. Eine lohnenswerte Zusammenstellung seiner Lithographien und Radierungen auf zwei Stockwerken. Neben der Standardausstellung mit Horst Jannsen Werken ist vor allem der Rundgang durch die drei Stadtvillen zu empfehlen. In einer Sonderausstellung wird auf die Ereignisse im Oldenburg des Jahres 1913 eingegangen und in den Villen selbst scheint die Zeit Anfang des 20. Jahrhunderts stehen geblieben zu sein. Ein lohnenswerter Ausflug in die Geschichte, bei dem die Zeit zu verfliegen scheint.

Schließlich konnten wir uns doch lösen und machten noch einen kurzen Abstecher in die ausladende Einkaufszone in der Innenstadt, um schnell bei Hema unsere Kaffee- und Lakritzvorräte aufzustocken. Danach ging es zum Abendessen ins Ching Chang Chong, da wir nicht glauben wollten, dass es wirklich ein Restaurant mit diesem Namen gibt. Eine überschaubare Karte und gleichfalls überschaubare, jedoch leckere Portionen ließen uns nicht allzu lange verweilen und es ging schließlich auf Richtung Weser-Ems-Halle.

Einen Parkplatz zu finden, war zum Glück kein Problem, dafür gestaltete sich die Eingangssuche schon etwas schwieriger. Der Haupteingang wurde von Busladungen festlich gekleideter und mit guter, leicht angeheiterter Stimmung ausgestattete Schützen belagert, so dass für uns klar war, dass dieser nicht unser Ziel sein dürfte. Tatsächlich fanden wir dann am Nebeneingang, der zum Festsaal führt, zwei Plakate, die auf die Veranstaltung hinwiesen. Eine Treppe hoch und dann erwartete uns tatsächlich schon der Büchertisch und
aufmerksame Mitarbeiter, die uns freundlich in Empfang nahmen. Die Tickets wurden uns ausgehändigt, eine Bar war besetzt und die ersten Gäste warteten auch schon auf  den Einlass, der um 19.30 Uhr losgehen sollte. Wir vertraten uns noch ein bisschen die Füße, wiesen einigen irregeleiteten Schützen ihren Weg und begaben uns dank freier Platzwahl pünktlich wieder nach oben und in den Saal.

Da die Gästezahl sich noch nicht merklich erhöht hatte, fanden wir ohne Probleme Platz in der zweiten Reihe mit freiem Blick auf die Bühne (nachdem wir zwei später kommenden Erstreihensitzern ausgewichen sind). Die letzte halbe Stunde ging auch vorbei, der Saal füllte sich ein bisschen, darunter ein nicht geringer Anteil Thalia-Mitarbeiter, und es konnte schließlich losgehen. Man hätte der Veranstaltung und Martin Walker noch mehr Gäste gewünscht und so waren wir eher in der Nähe von einem Sechstel der 300 zu besetzenden Plätze. Das schien aber nicht zu stören und so wurde es für uns alle ein noch intensiverer Abend, als wenn der Saal bis zum letzten Platz gefüllt gewesen wäre.

Die Begrüßung übernahm Alan Draganovic, Filialleiter der Thalia Buchhandlung in den Schlosshöfen. Er kam nicht drum herum, darauf hinzuweisen, dass wir nach der Veranstaltung nicht vergessen sollten, unsere Handys wieder anzuschalten, wünschte uns weiterhin viel Spaß und übergab die Bühne an die beiden Hauptdarsteller des Abends:

Bernhard Robben, Übersetzer und Moderator, und Martin Walker, Autor und Journalist.

Bernhard Robben übernahm, nachdem der Applaus verklungen war, die Aufgabe, Martin Walker und sein Werk vorzustellen. Er ging auf seine Journalistenkarriere, die ihn um die halbe Welt geführt hat, ein, erzählte, wie Martin Walker schließlich im Périgord landete und dort seine Umgebung und Nachbarn als Vorbild nehmend nicht drumherum kam, mit dem Schreiben dort angesiedelter Krimis zu beginnen. Femme Fatale ist inzwischen schon der fünfte Roman, der auf deutsch im Diogenes Verlag erschienen ist, der sechste ist schon in englisch erhältlich und am siebten arbeitet Martin Walker derzeit. Die Frage der Getränke wird dank eines leichten Kratzen in Bernhard Robbens Hals geklärt: Martin Walker tritt sein zweites Glas Wein an ihn ab und lehnt allerdings dankend das im Austausch angebotene Glas Wasser ab.

Schließlich stand Martin Walker auf und ergrifft das Wort in überraschend gutem Deutsch. Nur vereinzelt war er auf der Suche nach einem Wort, das aber schnell gefunden wurde. Er freute sich, an der Veranstaltung teilnehmen zu dürfen, ging auf seinen Ermittler Bruno ein und machte die Einleitung zum aktuellen Fall. Er geht kurz auf sein immer noch vorhandenes Lampenfieber und die Bekämpfung selbiges durch ein gutes Glas Wein ein und erzählt kurz vom guten Essen der Region, das im nächsten Jahr eine noch größere Rolle spielen wird.

Und damit begann dann der erste Lesungsabschnitt in Englisch mit dem Beginn von Femme Fatale. Die Leiche wird gefunden, die Beschreibungen sind sehr bildlich und fesseln uns vom ersten Satz an. Er liest sehr betont in schönstem Englisch und weiß, seine geschriebenen Worte durch Gesten und Mimik zu verstärken. Das muss man einfach mal selbst erlebt haben. Die nächste Chance bietet sich im Mai des nächsten Jahres, ein Monat, den er gerne nutzt um Deutschland zu besuchen, um die jährliche Spargelzeit so gut wie möglich zu nutzen, ein Gourmet durch und durch.

Im nächsten Gespräch geht es um die Idee zum Buch, die Tote, zu der Walker durch das Gedicht The Lady of Shalott von Alfred Lord Tennyson inspiriert wurde, die satanistische Tätowierung, den Buch-Handlungsorts, Saint-Denis, der eine Mischung zweier real existierender Orten der Region ist und die Höhlen, die es ebenfalls dort vor Ort in ähnlicher Form gibt.

Weiter geht es im Buch mit einer Frau, die von ihrem Mann verprügelt wurde und Brunos einzigartige Herangehensweise an die Situation. Er kennt den Unterschied zwischen Recht und Gerechtigkeit und neigt eher dazu, dem zweiten Gehör zu verschaffen. Die Beschreibung einer regionalen Suppe, eine Tourain, führt zu Lippenlecken bei Martin Walker, weshalb sich das Nachkochen wohl lohnen dürfte.

Der nächste Leseabschnitt aus dem ersten Drittel des Buches wird wieder von Bernhard Robben vorgetragen, der ebenfalls mit sehr schöner, markanter Stimme überzeugen kann. Ideal um sich im Text zu verlieren und die Handlung direkt auf sich wirken zu lassen. Bruno befindet sich auf einer Stadtratssitzung, auf der Pater Sentout über schwarze Messen und die Marquise de Montespan, Mätresse Ludwig XIV, erzählt.

Im nächsten Gespräch geht es um die Frauen, die Bruno als überzeugter Single und Lieblingsschwiegersohn des Dorfes nur so umschwirren. Deshalb wird auch jeder beim Lesen des Buches für sich selbst die Femme Fatale definieren müssen, da genug davon im Buch vorhanden sind. Wir durften dann auch noch abstimmen, welche Frau wir uns am ehesten an Brunos Seite wünschen würden, wobei unser Ergebnis durchaus sehr unterschiedlich ausfiel.

Im letzten Abschnitt ging es um Isabelles Besuch und ihr Geschenk für Bruno, einen neuen  Hund namens Balzac, ein junger Bassett. Viel zu schnell war auch dieses Kapitel zu Ende und es ging schon ans Verabschieden. Martin Walker konnte noch darauf hinweisen, dass im nächsten Jahr ein Kochbuch mit Brunos Lieblingsrezepten erscheinen wird. Danach brandete verdienter Applaus auf und beim Herumschauen blickte ich in völlig begeisterte Gesichter. Deshalb war es auch nicht verwunderlich, dass sich im Vorraum eine kleine Schlange bildete, um sich eines der Bücher signieren zu lassen.

Wir konnten natürlich auch nicht widerstehen und so ist nun Teil 5 samt Widmung bei uns eingezogen. Damit endet dieser wunderschöne Abend, an den ich überhaupt keine Erwartungen hatte und für den ich dankbar bin, da ich einen großartigen Autor französischer Regionalkrimis für mich entdeckt habe.

Bei Interesse findet ihr Martin Walkers Bücher natürlich auf Amazon.
Die restlichen Bilder der Lesung findet ihr hier.

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